Sonntag, 23. Mai 2010

Erhaltungstherapie (Tag 168) Das Leben ist unfair...



Hallo meine Liebsten,
am Dienstag war ja wieder Ambulanztag (wir sind also von Mittwoch wieder auf Dienstag gesprungen - für die letzten zwei Zyklen... natürlich nur, wenn ich keinen Mist baue z.B. Gürtelrosen pflücken). Ich hatte einen Termin für 10:00 Uhr, folglich musste ich um 9:00 Uhr los bzw. abgeholt werden. Ich stand vor der Haustür und wartete und wartete... und nichts passierte, außer, dass ich ziemlich doof angeguckt wurde. 9:15 Uhr kam ich auf die Idee, meinen Taxifahrer mal anzurufen (wie brilliant ich doch bin) und nachzuhaken.
"Taxi StellteucheinenPieptonvor..."
"Ja, hier ist Sandra. Ähm... wo bleiben Sie denn?"
"Wieso?"
"Ich hab um 10 'nen Termin, ich müsste langsam mal los. Hat Ihnen Ihre Frau das nicht gesagt?" (In der vorherigen Woche hatte sie mich gefahren)
"Ich bring' sie um! (Geschockter Blick meinerseits) Wir sind schon auf halbem Weg nach AuchhiereinPiepton."
"Ähm... und nu?"
"Ich dreh' um...*Gemurmel* ich bring' sie um!... Okay... bis gleich... tschüss..."

Ich hoffe, er wird nicht zum Mörder. Seine Frau und ich hatten die ganze Fahrt über geschnattert, dabei muss die Information untergegangen sein. Ich sag's ja immer wieder: Kommunikation ist alles.

Am Montagabend hatte ich noch mit einer Mutti geschrieben, die ich auf Onko kennen gelernt habe, weil ihr Sohn (mittlerweile 3) B-ALL hatte. Sie fragte mich, ob ich weiß, wie's Felix geht und ich musste verneinen. Von dem hatte ich ewig nichts gehört. Er ist im Sommer zu uns gestoßen und hatte, genau wie ich, eine Tumorerkrankung. Ich hatte nun den Auftrag, herauszufinden, wie's ihm geht. Als ich sie denn traf, fragte ich sie gleich, wie's Felix denn geht. Sie schaute nach unten schüttelte leicht den Kopf und sagte: "Felix geht's nicht gut...er ist jetzt nach München gefahren, weil er sich das so gewünscht hat... und weil er wahrscheinlich nie wieder die Chance dazu haben wird..."
Das ist so unfair! Warum werden Mörder und Vergewaltiger 90, Penner, die hinter'm ALDI im Karton wohnen und sich tagtäglich das Hirn wegsaufen 70 und so junge Leute sterben einfach? Das war damals mit Lea auch so. Lea hatte Leukämie und ist grade mal zwei Jahre alt geworden. Sie war schon das zweite Mal da, ein Rückfall und sie hat's nicht geschafft. Während der Therapie 20 bzw. 60 % Blasten sind einfach zu viel. Sie starb Ende Oktober letzten Jahres.

Mit all diesen Gedanken musste ich dann noch zum Drogenspritzen und da haben wir ersteinmal "Such die Vene" gespielt. Meine Venen sind zuerst schön elastisch und gut zu sehen, aber wenn man die Kanüle reinsticht, macht die Vene sich dünne. Aufgrund dessen musste der Doc ca. eine Minute in meiner Hand rumstochern, bis er sich sicher war, dass er auch drin ist. Der Rest ist gut vonstatten gegangen.
Am Folgetag, Mittwoch, habe ich dann meinen Durchhänger vermisst. Bisher war's so, dass ich am Tag nach dem Einstieg ausschlafe und zu nichts zu gebrauchen bin. Diesmal war ich nur etwas müde.

Mein Wochenende war echt toll. Am Freitag haben wir gegrillt, so richtig geil mit Marshmallows. Am Samstag waren wir Bowlen und gestern gab's Geburtstagskäffchen und Kino. Alles so Sachen, die ich während der Intensivchemo nicht konnte,wollte, durfte. Manchmal hat es wirklich Spaß gemacht, mit Glatze durch meine Stadt zu laufen und zu sehen, wie alle glotzen. Aber diese Stimmung hat man ja nicht dauerhaft. Deshalb habe ich es meistens gemieden, unter viele Leute zu gehen, einfach um mir das zu ersparen.
Bei Bowlen gab's ein relativ lustiges Gespräch. Ein neuer Bekannter stellte fest, dass ich als einzige keinen Alkohol trinke, weder beim Grillen (Krombacher alkoholfrei) noch beim Bowlne (O-Saft). Ich hab' ihm dann erklährt, dass ich Medikamente nehme und deshalb keinen Alkohol darf (man muss den Leuten ja nicht sofort auf die Nase binden, dass man noch in der Chemo steckt).
Anstatt es dabei zu belassen fragte er weiter:
"Was nimmst du denn? Antibiotika?"
"Nein, Cyclophosphamid."
"Was ist das, ist das nicht 'n Antibiotika?"
Ich guckte meinen Kumpel an, er weiß Bescheid über meine Geschichte, und ich fragte ihn: "Na, soll ich ihn schocken?"
"Klar, warum nicht?"
Dann drehte ich mich wieder um und sagte:
"Joar, Cyclophosphamid is'n Chemomedikament..."

Es ist relativ leicht, Leute zu schocken, weil die meisten einfach nicht damit rechnen, dass jemand in unserem Alter mit Krebs um die Ecke kommt.

So, ich denke, wir belassen es bei diesen infos, denn da gibt es einiges zu verdauen.
Bis dann - eda :-*

Samstag, 15. Mai 2010

Erhaltungstherapie (Tag 159) Burn-Out und andere Späße



Jah... wie ihr wisst, bin ich nicht glücklich, wenn ich nicht alles mitnehme. Dieses Mal habe ich mich für einen Burn-Out im Anfangsstadium entschieden.
Meine Ärztin eröffnete mir letzte Woche Mittwoch, ich wäre auf dem besten Wege mir 'nen Burn-Out zu erarbeiten *yay*. Ihr könnt Tante Google ja mal dazu befragen, die weiß Bescheid. Herzrasen, Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit, Müdigkeit... aber das ist auch kein Wunder, wenn jeder Lehrer drei kleine Noten und eine Klausurnote für dieses Semester will. An sich ist das kein Ding, aber auf, sagen wir mal, eineinhalb Monate gedrängt ist das kein Spaß mehr. Ich stelle mir das Leben als Rolltreppe vor, die nach unten führt und wir müssen auf ebendieser Rolltreppe nach ganz oben. Wir haben einen großen Rucksack auf und das Schicksal packt da gelegentlich Steine rein, manchmal auch direkt vor unsere Füße und der Rucksack wird immer schwerer. Miener ist so schwer geworden, dass ich einige Steine einfach wieder rausschmeißen muss. Schöner Vergleich, oder?

Diese Woche war ich auch wieder im KH zur Untersuchung und hatte gleich fünf Studenten, die was lernen wollten. Abhören ist ja tiiiiiief ein- und ausatmen. Bei einem Untersuchenden geht das noch, mal atmet vielleicht fünf mal ein und aus. bei fünf Studenten zieht sich das dann drei Minuten hin - Pappmaul garantiert -.-
Und dann noch in den Hals gucken. Weil es mich damals (im wahrste Sinne des Wortes) angekotzt hat, diesen Spatel im Hals zu haben, habe ich geübt, meine Zunge runterzudrücken, sodass der Spatel überflüssig wird und meine Ärztin war so begeistert, dass alle Studenten mir in den Rachen gucken durften *yay*

Pärchenauflauf! AAAAAARRRRGH.... ich gönn's ja jedem, aber mich deprimiert das ziemlich. Die letzte Beziehung scheiterte, weil ich Krebs bekam und er vor jeglicher Verantwortung reißaus nimmt... unschön... und seitdem läuft das bei mir so:
"Und, was macht die Liebe?" - "Geht vorbei und winkt freundlich!" Ich weiß nicht, woran's liegt -.-

Aber wir haben einen Trost:
NUR NOCH ZWEI ZYKLEN (6 Mal stechen) und dann sind wir FERTIG! :D Wurde ja auch Zeit, oder? Siebn Zyklen sind viel, wenn man davor steht, aber jetzt wundere ich mich, wie schnell das vorbeiging O_o.
Wir müssen das irgendwie feiern, aber wie? Eine Verlosung? Bitte postet eure Ideen unten in den Kommentaren, denn in solchen Sachen bin ich ziemlich unkreativ.

Heute fahre ich dann noch zu Kirsten's Geburtstagsfeier... dazu gibt's eine lustige Geschichte:
Kirsten, Judith und ich stehen im Internat im Badezimmer. Auf einmal bemerkt Kirsten:" In drei Wochen werde ich ja 17, oh mein Gott, 17! Ich werde alt, 17 ist so alt." Judith darauf:" Wenn du in drei Wochen 17 wirst, dann werde ich ja in 7 Wochen 18, oh mein Gott, 18 ist sooo alt!" Ich darauf nur:" Ich werde in nicht mal drei Monaten 19, aber ja: ich werdet alt..." -.-
Diese Alterssachen finde ich sowieso total lächerlich. Wir werden alle älter und ob da nun die große zwei oder die große 3 kommt, ist doch völlig Wurst, oder? Wir leben, und das ist die Hauptsache!

Ich verabschiede mich nun... bis zum nächsten Mal,
eure eda :-*

Sonntag, 2. Mai 2010

Erhaltungtherapie (Tag 146)

Jaaah, kleines Update, you know?



Aaalso, meinem Arm geht's definitiv besser. Na ja, es wurde ja auch langsam Zeit, oder? Immerhin hat er eineinhalb Wochen rumgestänkert. Jetzt ist da nun noch eine Schwellung, die hin und wieder leicht piekt. Was allerdings eklig ist: die Haut löst sich... das tut auch weh, weil ja darunter eine offene Wunde ist. Aber ich mach' einfach ein Pflaster drauf, dann kommt da kein Dreck rein.

Am Montag wurd's mir zu doll mit den Schmerzen (Vergleich: fasst auf 'ne heiße Herdplatte), sodass ich zur Klinik geheizt bin (sind ja nur zwei Stunden Fahrt). Beim vorherigen Telefonat mit dem Doc bekam ich ganz schön Angst, weil er verwirrter Weise sagte, dass ja kein Chirurg mehr da ist, wenn ich ankomme. CHIRURG? O_o WTF...
Als ich ihn dann später in der Amulanz fragte, was er mit einem Chirurgen wollte, wusste er's selbst nicht mehr :D
Er hat mir noch erklährt, dass entweder die Vene geplatzt oder die Nadel abgerutscht sein muss und dass Vinblastin (hochaggressives Chemomedikament) daneben gegangen sei und nicht, wie ich dachte, Zofran (gegen Übelkeit). Das Gewebe wurde zerstört und vernarbt jetzt *yay*
Er hat sich noch 10000 Mal entschuldigt... aber primär kann er nichts dafür, denn meine Venen sind eh' nicht die Besten und wenn die dann noch 'nen schlechten Tag haben, kann der beste Arzt kommen, das wird nix mit x.

Donnerstag haben wir dann noch im Internat gegrillt, weil einfach sooo schönes Wetter war... :D

Ich wünsche euch eine erfolgreiche Woche :-*
eda


PS: Ich habe mit der Serie angefangen! Klick!