Sonntag, 5.Dezember 2010:
Um 9:55 Uhr bin ich in Richtung Hamburg losgefahren (und habe unterwegs noch meine Begleitung Fussel eingesammelt). Die Fahrt war relativ entspannt und wir kamen gegen 12:15 Uhr im Hamburger Hauptbahnhof an. Ich wusste, wir haben ungefähr eine dreiviertel Stunde, bis der Anschlusszug abfährt, habe mir also eine halbe Stunde zum Rumtrödeln gemerkt. Ich wusste außerdem, dass a) es nach Stuttgart geht und b) unser Zug vom Gleis 14 fährt. Auf der Anzeigetafel stand dann ein IC nach Stuttgart, von Gleis 14, Abfahrt 12:46 Uhr. Da war im Prinzip alles dabei, was ich brauchte, also sind wir eingestiegen, ohne vorher den Plan zu checken, den ich von der Bahnfrau vor Reiseantritt habe ausdrucken lassen. Wir saßen also im IC, ärgerten uns, dass wir uns ab Hannover neue Plätze würden suchen müssen, da fuhr der Zug los. Nun kam uns der grandiose Gedanke, mal in das Faltblatt zu gucken und stellten fest: wir kommen erst 20:34 Uhr in Stuttgart an. Wie jetzt?! Ich dachte, wir sollen halb sieben ankommen?
Jepp, ihr habt es sicherlich schon erraten: wir sind in den falschen Zug gestiegen.
Unser ICE wäre eine viertel Stunde später vom selben Gleis gefahren. Danke, Deutsche Bahn. Also mal abgesehen von unserer eigenen Dämlichkeit waren wir aber auch einfach aufgeregt und zwei Züge mit dem selben Ziel mit nur einer viertel Stunde Unterschied vom selben Gleis fahren zu lassen ist gemein. =(
Fussel hat den Schaffner gefragt, ob wir vielleicht in Hamburg-Harburg in unserem ICE umsteigen können. Die geistreiche Antwort: wir hätten in Harburg zwei Minuten Zeit, um auf den Plan zu gucken und es selbst herauszufinden. Na klar...
Wir hatten also zwei Stunden Fahrt extra plus Sightseeingtour durch die Bahnhöfe Deutschlands -.-
Ab Hannover durften wir dann ja auch auf dem Boden sitzen, denn "aus technischen Gründen" fehlten zwei Wagons. Also ich habe nicht mitgezählt, aber ich habe den Doc mehr als einmal dafür verflucht, mich kurz nach einer Ablasie-Phase quer durch Deutschland zu schicken. Aber es ging irgendwie. Wir haben nette Leute kennen gelernt und auf dem Fußboden Karten gespielt.
Mit bei der Bahn üblichen Verspätung kamen wir also 21:00 Uhr in Stuttgart an.
Wir nahmen uns ein Taxi zur Elternwohnung, in der wir diese Nacht verbringen durften. Auf der Fahrt dahin fragte ich den Taxifahrer, ob die Diakonie-Klinik weit weg von der Wohnung sei. Eine halbe Minute lang bekam ich keine Antwort und ich dachte schon, er hätte mich nicht verstanden oder so, aber dann meinte er, es wäre nicht weit. Er fuhr dann freundlicherweise einen Umweg, nur um an der Klinik vorbeizufahren (und mehr Geld rauszuschlagen) und mich noch mehr zu verwirren ("Also zu Fuß könnte ihr die Querstraße nehmen und dann müsst ihr da lang und dann da..."). Die Frau, die sich um die Elternwohnung kümmert war sehr nett, trotz der Störung am Sonntagabend. Fussel und ich haben noch eine kleine Wanderung unternommen, eigentlich, um herauszufinden, wo die Klinik ist. Die haben wir nicht gefunden, dafür aber 'ne Tanke. =) Ich habe mir ein Malzbier gegönnt und dann sind wir auch schon ins Bettchen.
Montag, 6.Dezember 2010:
Am Montag hatte ich um 9:00 Uhr einen Termin beim Prof. Ich habe mich bei der Thekenfrau angemeldet, als sie eine Überweisung vom Doc von mir verlangte. Öhm... wie jetzt?! Ich habe dann einen Wisch unterschrieben, dass ich die Behandlung aus eigener Tasche bezahle, wenn innerhalb einer Woche keine Überweisung eintrudelt... na toll. Ich hab' ja nicht schon genug Sorgen. Ich hab' zuerst den Doc angerufen, der allerdings meinte, er wüsste gar nicht, ob er sowas ausstellen dürfe und wollte schon wieder zu irgendwelchen Erklärungen ansetzen, da hab' ich abgewürgt und gesagt, dass ich es bei meiner Hausärztin versuchen würde. Ich mag' ihn ja gerne, eben weil er so ein Erklär-Bär ist, aber da konnte ich das nicht gebrauchen. Die Sprechstundenhilfe war zwar etwas überrascht, als ich bei meiner Hausärztin eine Überweisung für die plastische Chirurgie einforderte, aber sie machte sich sofort daran, alles in die Wege zu leiten.
Um halb zehn wurde ich dann auch schon aufgerufen. Ich hatte mich eigentlich schon darauf eingestellt, die Thekenfrau zur Weißglut zu treiben :D
Der Prof. ist so'n lieber Opi, da hätte ich mich am liebsten eingehakt und wär' mit ihm 'nen Kakao trinken gegangen. Wir haben das mit dem Kakao natürlich nicht gemacht. Er hat den Arztbrief von meinem Doc gelesen, mir einige Fragen gestellt und dann die Brust nach dem Tumor abgetastet, bzw es versucht. Denn der Tumor ist nicht mehr tastbar. Da fing der liebe Opi dann mit den Gruselgeschichten an.
Damit er im Januar nicht wild drauflos schneiden muss, muss der Tumor "markiert" werden. Dazu wird ein kleiner Metallclip in den Tumor eingesetzt. Na danke! Er hat dann schnell rumtelefoniert und mir einen Termin in Rostock in der Südstadtklinik bei einer Gynakologin besorgt.
Wir haben dann relativ ausführlich über die OP gesprochen:
Zunächst wird nur der Tumor aus der linken Brust geholt. Dabei können bis zu 20% des Volumens verloren gehen. Die rechte Brust wird erst angeglichen (beide werden also kleiner), wenn die Chemo beendet und ich wieder ein vernünftiges Gewicht erreicht habe. Das heißt für mich, zu essen, was das Zeug hält, um mein Gewicht so gut es geht zu halten. Das war erstmal wieder ein harter Brocken für mich. Mal ehrlich: auch wenn es mir die vollständige Heilung ermöglicht, stellt es doch eine große psychische Belastung dar, mindestens ein halbes Jahr mit verschieden großen Brüsten rumzurennen. Das kann man gut kaschieren, aber ich weiß es, und das ist mit 19 Jahren einfach... aargh!
Ich war mit meinem Termin letztendlich so schnell fertig, dass wir schon halb zwölf wieder Richtung Heimat fahren konnten. Die Rückfahrt war dann relativ entspannt.
Dienstag, 7.Dezember 2010:
Ich habe erstmal schööön ausgeschlafen und ein bisschen entspannt. (Neueste Erkenntnis: vom Sitzen bekommt man Muskelkater im Po.) Dann habe ich mich auf das Konzert vorbereitet. Welches Konzert?! Jedes Jahr gibt es ein Weihnachtskonzert von den drei Chören meiner Schule und dieses Jahr hatte ich die Ehre, ein Solo singen zu dürfen. "Gabriella's Song" aus dem Film "Wie im Himmel":
(das ist der original Ton mit Ausschnitten aus dem Film)
Ich hatte das Glück, begeisterte Ärzte und einen verständnisvollen Chorleiter zu haben. Lest euch mal die Übersetzung durch, das ist mein Text.
Das Konzert war wirklich super. Georgina und Viola von OSKAR waren auch dabei. Sie haben uns auch ein Auto organisiert, damit wir das überhaupt so realisieren konnten. Danke dafür, denn sonst hätte Mamma wieder nicht mitkommen können.
Mittwoch, 8.Dezember 2010:
Um 10:45 Uhr durfte ich mich in der Gynakologie der Südstadtklinik einfinden. Ich hatte ja meinen Termin für die Clipmarkierung. Ich saß eine ganze Weile im Wartezimmer, bis ich gegen 12:00 Uhr zur Thekenfrau ging und sie fragte, warum alle, die nach mir kommen, vor mir drankommen. Sie sagte mir dann, dass nur noch eine vor mir dran sein müsste.
Ich war dann auch bald dran. Zunächst haben wir bei einer Sono (Ultraschall) schonmal für Ostern geübt und den Tumor gesucht. Nach langer Suche und einem zusätzlichen Blick auf den ersten Befund haben wir ihn letztendlich doch gefunden. Ich wollte den Clip eigentlich für euch photographieren, aber der war leider in so einer (in meinen Augen) überdimensionalen Nadel drin, die mir die Ärztin leider gezeigt hat. Wo wir wieder bei meinem Lieblingsthema wären: Nadeln -.-
Ich hab' dann eine Lokalanästhesie bekommen und ab da war's mit meiner Ruhe ja wieder vorbei. Aber ich mache mir da auch nicht mehr den Stress, mich zurückzuhalten. Ich heule dann vor mich hin, halte mich aber damit zurück, um mich zu schlagen ;-)
Die Frau Doc hat dann meine Haut ein paar Millimeter eingeritzt und die dicke Nadel eingeführt. Es hat nicht weh getan, aber es gab so 'nen leichten Druck, den man spüren konnte.
Danach bin ich zur Onko gefahren, denn der zweite Block stand an. Dort wartete eine Überraschung: ein ehemaliger Schüler hat zusammen mit einer Konditorei eine Aktion gestartet. Die Onkokinder (und danach auch noch die Kinder von der Chirurgie) durften ein Lebkuchenschloss verzieren, dass dann letzendlich bei Prinzessin Mary von Dänemark landen soll. Also mein persönlicher Eindruck: der Schüler hat diese Aktion nur als Eigen-PR genutzt. Ein Fernsehmensch von einem Lokalsender und ein Zeitungsmensch waren da und der Schüler musste überall mittendrin sein. Er hat sich so richtig überall reingeworfen, hatte ich das Gefühl. Ich mag mich natürlich total irren... ;-)
(Vergrößerung durch Draufklicken)
Donnerstag, 9.Dezember 2010:
Die Weihnachtsfeier der Onko. Ich wollte zuerst nicht hingehen, hab's dann aber doch getan. Die Artistengruppe war super, der Clown mies. Soviel dazu =)
Ja, auch der Weihnachtsmann war da. Für die Kleinen gab's Spielzeuge, für die Großen Media Markt-Gutscheine. Hier bekommt Ole sein Päckchen. Rechts ist seine Mutti zu sehen.
Was mir bei dieser Veranstaltung so richtig Pipi in den Augen gemacht hat: Schüler, maximal sechste Klasse möchte ich behaupten, haben unter ihren Mitschülern Spenden gesammelt und haben der Station insgesamt 150 Euro zukommen lassen. Ich finde das wirklich großartig.
Durch die Party hat sich der Beginn meines zweiten Blocks von 11:00 Uhr auf 19:00 Uhr verschoben.
Freitag, 10.Dezember 2010:
Am Vormittag habe ich Besuch von Georgina bekommen. Wir haben ein wenig gequatscht und gegen 12:30 Uhr hat das Vomex mich dann wieder in den Dornröschenschlaf versetzt. Mein Tagesablauf ist wieder von Schlafen, Pullern und ein wenig Essen geprägt.
Samstag, 11.Dezember 2010:
Abends habe ich spontan noch einmal Besuch von Georgina bekommen. Am Vortag haben wir uns u.A. auch über Käsesuppe unterhalten und da hat sie spontan auch welche gekocht und mir sogar etwas gerettet und vorbeigebracht.
eda <3 Käsesuppe
Sonntag, 12.Dezember 2010:
Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl im Magen. Mir war nicht richtig schlecht, aber nach Essen war mir definitiv auch nicht.
Montag, 13.Dezember 2010:
Ich werde dieses eklige Gefühl nicht los. Dann wurde ich auch noch in den Wintergarten gebeten. Grund war der Besuch von Mitarbeitern der Bundesfinanzdirektion (hat mehr oder weniger auch etwas mit dem Zoll zu tun). Die haben nämlich einen Flohmarkt mit Kuchenbasar veranstaltet und von dem Erlös Weihnachtsgeschenke für die Onkokinder und Hospizkinder gekauft und für die Aktion der Ostsee Zeitung (OZ) "Helfen bringt Freude" Geld gespendet. Ein Artikel darüber war auch am 14. Dezember in der OZ. Ich hoffe, Schwester H. hat daran gedacht, den Artikel für mich aufzubewahren...
Wir haben dazu eine lockere Kafferunde gehabt. Die Leute, die die Idee hatten, unsere Erzieherin, der Doc und eine handvoll Patienten mit ihren Eltern plus dem Reporter der OZ. Die Kinder haben wieder Spielzeug bekommen, für Jenny und mich gab's Gutscheine.
Dienstag, 14.Dezember 2010:
MAMMA HAT GEBURTSTAG!
Eigentlich sollte mein Pullerbeutel noch bis Abends laufen, ich konnte den Doc aber dazu überreden, mich früher gehen zu lassen. Leider musste ich dafür in Kauf nehmen, dass der Pullerbeutel schneller gestellt wird, aber was tut man nicht alles für seine Lieben?!
Wir haben sie dann abends zum Essen ausgeführt. Lecker beim Griechen =)
Danke an dieser Stelle an Viola, die uns hin und zurück gefahren hat, da ich leider Gottes noch eine totale Schlappiwurst bin.
Die letzten Tage habe ich leider eher schlecht verbracht. Ich kämpfe zur Zeit noch mit Übelkeit und Verdauungsproblemen (die übrigens teilweise sehr schmerzhaft sind). Deshalb habe ich seit Mittwoch jeden Tag so weit es mir möglich war an diesem Eintrag gearbeitet. Die zugehörigen Videos kann ich hoffentlich morgen nachreichen.
Ich verbleibe mit den besten Wünschen bei diesem Sch***wetter -.-
eda :-*