Mittwoch, 4. Mai 2011

Wochenlang Schmerzen



Donnerstag, 3. März 2011:
Einzug ins Krankenhaus mit abendlichem Wrap-Essen. Eigentlich war das eine Revanche, weil Daniel und seine Mutter mich in der vorangegangenen Woche zum Hotdog-Essen eingeladen hatten, aber nachdem ich die Erzieherin gefragt hatte, ob sie nicht mitmachen will fand sich am nächsten Tag die gesamte Station im Wintergarten ein. War aber ganz lustig und lecker.
Gegen 22:00 Uhr ließ ich mir meinen Wrap noch einmal durch den Kopf gehen (oder mit anderen Worten: ich erbrach ihn). Dafür muss es keinen besonderen Grund geben, der Magen kann sich einfach so gegen Lebensmittel wehren, die man sonst gut verträgt.

Am Freitag, 4. März 2011 ließ ich es gar nicht erst drauf ankommen und ließ mir Vomex geben, da ich nicht besonders scharf darauf war, die Wirkung der zwei Medikamente auszutesten.

Am Wochenende wurde es immer schlimmer mit meiner Schleimhaut. Ich konnte nicht mehr sprechen bzw. hatte große Schmerzen beim Reden und Schlucken. Wenn ich das beschreiben sollte, würde ich sagen: Halsschmerzen kenne wir ja alle, wenn's beim Schlucken mächtig weh tut und mit der Zunge bzw. im Mund ist es so, als wenn man sich an der Seite auf die Zunge beißt und auf die Innenseite der Wange, das allerdings als Dauerzustand. Das tut sch**** weh und braucht ewig, um abzuheilen.

Montag, 7. März 2011:
Nachdem alle Schmerzmittel, die wir bisher versucht hatten nichts halfen setzten wir also wieder meinen alten Freund, das Dipi, als letzte Hoffnung ein. Nachdem zu Beginn eine Ladung extra gespritzt wurde bekam ich starke Kreislaufprobleme und musste mich letzendlich übergeben.
Darauf folgte ein liegender Transport zur Strahlenklinik, bei dem mich Georgina begleitete. Ich hasse liegende Transporte, wiel ich ständig Angst habe, dass ich in der nächsten Kurve von der Trage plumpse oder meine Beine zermatscht werden, wenn uns jemand hinten rauffährt.
Außerdem musste ich meinen Termin für den nächsten Tag noch ändern lassen. Ursprünglich wollten wir am Folgetag anlässlich Anja's Geburtstags Essen gehen, aber das hatte sich für mich dank Schmerzen und unterirdischem Gesamtzustand erledigt. Ihr wisst ja, wie gerne ich früh aufstehe und ich hatte mir extra einen Horrortermin morgens in aller Herrgottsfrühe geben lassen, damit ich Nachmittags und Abends da sein konnte.
Abends gab's dann Flüssig-Schnitzel, sprich: künstliche Ernährung i.V. in den Katheter, damit ich nicht wieder so krass abmagere wie 2009 (wir erinnern uns: 49 kg bei 167cm). Das war das erste Mal Flüssig-Schnitzel für mich und es war irgendwie seltsam. Nicht, dass jetzt jemand denkt, ich krieg püriertes Schnitzel reingepumpt! Es handelt sich um eine Nährlösung mit Glukose und so, damit der Körper bekommt, was er braucht. Ich bin ja trotzdem für die herkömmliche Nahrungsaufnahme.

Bis Ende der Woche gab's dann noch Bestrahlung und von Tag zu Tag ging's mir schlechter. Es waren ja nicht nur die Schleimhäute in Mund und Hals betroffen, sondern sämtliche... also auch im Darm. Ich erwähne hier nur am Rande, dass Stuhlgang kein allzu lustiges Thema war.
Dann kam auch noch Nasenbluten dazu. Das ist bekannterweise mein Hauptproblem, wenn die Blutwerte abfallen, aber DAS war krass. Teilweise habe ich vier oder fünf Stunden geblutet, es lief manchmal wie rotes Wasser. Und dann kommen Ratschläge, bei denen man, nachdem man sie zum zehnten Mal gehört hat, denkt, das sie unmöglich ernst gemeint sein können. Ich solle die Nase zudrücken, den Kopf in den Nacken legen und noch so einige andere Weisheiten, deren Folge wäre, dass das Blut nach hinten in den Hals laufen und Brechreiz verursachen würde. Also wirklich: ich habe nun schon mein halbes Leben Nasenbluten, ich denke, ich weiß, was ich tue. Außerdem würde Brechreiz mit den kaputten Schleimhäuten wieder unglaubliche Schmerzen verursachen.

In der Woche darauf: Nasenbluten und Schmerzen, wer hätte das gedacht?! Ich bekam Neupogen (das Zeug, das dem Knochenmark nahelegt, wieder Leukos zu produzieren) und bei Nasenbluten so ein neues Gerinnungsmittel, das mir einige Stunden Nasenbluten ersparte. Es ist wohl noch relativ neu auf dem Markt und wurde auf unserer Station noch gar nicht verwendet. Ich komme mir manchmal wie Medikamenten-Testgelände vor.

Die Woche danach war auch nicht besser, eher schlimmer. Solange es mir relativ gut geht, kann ich hoffen, dass ich trotz unterirdisch geringer Heilungschance doch noch gesund werde. Bei den Schmerzen allerdings, die ich nun schon zwei Wochen ertrug war es kaum verwunderlich, dass ich am liebsten hingeschmissen hätte. Ich konnte weder essen noch trinken noch sprechen, mich kaum aus dem Bett bewegen... Und dann fragt man sich, wozu man sich diese Scheiße eigentlich noch antut.

Es ist eine Gratwanderung, ein Balanceakt auf dem Hochseil, den einerseits denke ich mir: "Haut rein, Leute, ich mach' mir noch 'nen bunten und bin dann weg vom Fenster...", andererseits will ich kämpfen, weil ich irgendwo immernoch glaube, dass ich's schaffen kann.
Am Freitag der Woche hatte ich die Schnauze dann voll und verlangte Entlassung nach Hause. Es wird mit steigender Anzahl an Tagen im Krankenhaus immer schwerer, die Leute nicht anzupampen. Mir ist zwar bewusst, dass keiner dort eine persönliche Schuld an meinem Zustand hat, aber es fällt schwer, den Frust nicht an ihnen auszulassen.
Zumindest herrschte Gerechtigkeit, denn meine andere Schwester, Nicole, hatte auch Geburtstag und ich konnte auch da nicht dabeit sein. So fühlt sich wenigstens keiner bevorteilt^^

Ein anderes Thema noch im Anhang: es ist wohl relativ klar, dass ich zur Zeit sehr mit mir selbst und meiner Situation beschäftigt bin und ich finde, da kann es echt nicht sein, dass ich auf Fromspring Kommentare lesen muss, in denen mir zum Vorwurf gemacht wird, dass ich mich angeblich nicht melden will und euch immer viel zu lange ohne Informationen lassen (weil ich keine anderen Sorgen habe, als Blogeinträge und Videos zu produzieren, wenn ich ununterbrochen Schmerzen habe, stundenlang blute und fast verzweifel) und noch viele andere Nettigkeiten. Wisst ihr, man geht das erste Mal seit Wochen wieder ins Internet und wird zugenörgelt. Yippie, das hebt die Stimmung.
Natürlich gibt es sooo viele liebe Leute, die ihr Hirn benutzen und sich schon denken, dass es mir nicht gut geht, wenn ich drei Wochen abtauche und hinterlassen supernette Kommentare. Das baut auf.
Ich werd's weiterhin so machen, wie ich das will. Irgendwer hat mal gesagt: "Das Leben ist zu kurz um so zu sein, wie andere mich gern hätten." Schlaues Kerlchen.

Auch wurde sich darüber mokiert, dass ich mich über jeden Scheiß aufrege (was ich ja hiermit bestätige - weil ich's kann). Ja, tue ich, und wenn ich das nicht tun würde, hätten wir hier wahrscheinlich nichts mehr zu lachen hier. Es ist nunmal meine Art, jeden Scheiß auf's Korn zu nehmen und das bleibt auch so.

Das soll's erstmal gewesen sein ;-)

10 Kommentare:

  1. hi du :) ich bin auf deiner seite zufällig gelandet und klebengeblieben, wie das so ist. nach deinem video muss ich jetzt doch mal was schreiben. du bist so eine süße, tapfere frau, du machst das alles wirklich ganz toll. klar wirst du sagen, dass keiner hier dich sieht wenn du nicht so taff drauf bist, das stimmt auch, aber du versuchst dir einen restoptimismus und humor zu erhalten und das schaffst du ausgezeichnet. wenn ich dann lse oder höre, dass es tatsächlich leute gibt, die meinen, dich angreifen zu müssen kommt mir persönlich das absolute kotzen. die haben keine ahnung, wie es ist, wenn man nicht nur theoretisch irgendwie sondern ganz konkret weiss, dass das eigene leben begrenzt ist, die haben keinen schimmer von deiner angst, von deiner wut und von deiner verzweiflung, die du natürlich auch hast. und die sind zu blöd, sich vorzustellen, dass man vielleicht und eventuell nicht der ausgeglichenste mensch sein kann wenn man sich in so einer beschissenen situation befindet. oh man. sorry liebe eda, ich könnt mich jetzt auch in rage schreiben ;-) b sag den deppen sie sollen die schnauze halten und sich verpissen. und ich wünsche dir das beste

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  2. Meinen aufrichtigen Respekt, Eda! Ich finde es wahnsinnig toll, wie (offen) du mit deiner Krankheit umgehst. Für die neugierige Meute am Bildschirm ist es immer einfach, anonym blöde Kommentare abzulassen (für mich absolut unverständlich, wie man überhaupt auf so eine Idee kommen kann!!!!!! Langeweile? Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben?) - die wenigsten stecken in so einer Situation und können sich nicht im Entferntesten vorstellen, was du und viele andere Krebspatienten auch durchmachen. Als gesunder Mensch hat man so leicht reden und all die, die sich dann über deine Posts mockieren, sind höchstwahrscheinlich in der glücklichen Position, (momentan) nicht krank zu sein. Es kann JEDEN treffen, heute, morgen, irgendwann. Das sollten sich gerade die klar machen, die sich erdreisten, blöde Kommentare zu posten.

    Die wirklich Starke, die Mutige bist du. Weil du weiter schreibst, dich davon nicht beirren lässt. Du hast völlig Recht: Mach so weiter, bleib so, so wie es für DICH richtig ist - und wenn dir nach jammern ist, dann tu es. Dazu hast du jedes Recht und das tut hier auch bestimmt keinem weh.

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  3. Mir hat mal jemand gesgat (als ich mich nicht getraut habe, meine mütze in der schule abzunehmen, weil ich nur fleckenweise haare hatt) das ich niemanden über mich urteilen lassen soll, der nicht das gleiche durchgemacht hat wie ich. Ich glaube nicht das ich dir sagen muss das du du dich nicht verbiegen lassen sollst usw, denn dass weißt du! Denn vllt lesen das ein paar leute die sich nicht den kopf darum gemacht haben was hinter deinen videos usw so steckt! Das es eben nicht nur die video eda gibt sonedrn auch die eda die die ganzen köperlichen und geistigen nebenwirkungen von der chemo usw zu ertagen hat..!!!!
    Liebe grüße aus damp (bin mal schnellmit meinem handy auf deinen blog um zu sehen was im märz bei dir so los war) dexa:)

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  4. hey hey :)
    das mit dem zweifeln, die aufkommen, wenn man schmerzen und so hat, kenn ich nur zu gut. geht mir genauso. manchmal reicht es bei mir auch einfach schon nur, wenn ich mal wieder wegen irgendner kleinigkeit hilfe brauch, dass ich mich frag ob es sich überhaupt noch lohnt. aber wenn dann die schmerzen vergessen sind, sieht die welt doch schon wieder lebenswerter aus :)

    p.s.: eure küchenuhr tickt ganz schön laut ^^

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  5. Meine kleine Tochter kämpfte mit 3,5 Jahren mit Krebs, für sie waren das Wichtigste Verständnis, Freude, Lebensinhalte durch FREUDE, auch schon in diesem kindlichen Alter, ich glaube, die Schmerzen der Schleimhäute waren mit die schlimmsten der ganzen 2 Jahre Chemo, sie bekam dann Morphin...
    Ich verfolge Deinen Blog weiter, habe Dich in Demmin singen gehört und Du hast mich tief berührt, da kannte ich deine Geschichte noch nicht.

    KÄMPFE weiter- für Dich und nur für Dich,lass Dich NIE runterziehen von hirnlosen Kommentaren, gefühllosen Mitmenschen. Du mußt vorallem für Dich Du selbst bleiben,ich denke oft im ganz normalen Alltag an Dich, jeder hat seinen persönlichen Lebenskampf, nur manchmal ist es verdammt schwer und hart.
    Seit meine Tochter überlebt hat,hat sich auch meine Grundeinstellung vorallem oberflächlichen Menschen gegenüber total verändert.

    Mach weiter, so wie Du kannst,
    schreib oder schreibe nicht, alles geht nur um Dich, vielleicht tut das Schreiben ja auch gut..

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  6. Du bist ein absolutes Vorbild! :)
    Ich wünsche dir alles Glück der Welt und denk dran - Wunder geschehen immer wieder! <3

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  7. I wish you a peaceful relaxing weekend

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  8. sandra es gibt viele menschen die stolz auf dich sind und ich muss sagen das die freunde die angst vor der situation mit dir zu reden sollten einfach sehen das du noch immer die taffe junge dame wie vorher bist.... und den mut fassen sollen sich mit dir zu unterhalten.. und ich alle nur aufbauen sich einfach mit dir zu unterhalten weil man nicht weiß wie oft man noch die möglichkeit hat!!! lg steffi

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